Gestaltungsmacht der Politik zurückgewinnen

Veröffentlicht am 23.10.2019 in Kreisverband
 

Der Emmendinger Juso-Landesvorsitzende Pavlos Wacker sprach bei der Kreisdelegiertenkonferenz der SPD in March-Neuershausen.

„Politik ist in dieser Welt nicht das Verherrlichen der Gegenwart, sondern das sich Öffnen für die Zukunft.“ Eine zündende Ruck-Rede hielt der im Juni zum Landesvorsitzenden der Jungsozialisten gewählte 21-jährige Pavlos Wacker aus Emmendingen am Samstag bei der Kreisdelegiertenkonferenz der SPD Breisgau-Hochschwarzwald in der Sporthalle March-Neuershausen. „Ich glaube, mit einem solchen Nachwuchs hat unsere Partei die allerbesten Zukunftschancen“, kommentierte die SPD-Kreisvorsitzende Birte Könnecke.

Für Besorgnis erregend und beängstigend hält Pavlos Wacker zwei Ergebnisse der jüngsten Shell-Jugendstudie, wonach einmal die Empfänglichkeit für Populismus in der jüngeren Generation größer geworden ist, und zum andern 72 Prozent der 18- bis 25-Jährigen die Ansicht vertritt, dass sich die Politik „eh nicht um Menschen kümmert“.

Für alarmierend hält der Juso-Landeschef diese Erkenntnisse deshalb, weil, wie er sagte, sich hier jene Generation äußert, „die nachher in den Gerichtssälen sitzt, die in den Klassenzimmern lehrt, die im Kulturbereich, Journalismus oder im Einzelhandel arbeitet“. Wacker: „Das ist die zukünftige Generation, die unsere Gesellschaft tragen soll. Und wenn zwei Drittel von denen des Gefühl haben, Politik nimmt mich nicht ernst und berücksichtigt mich gar nicht, dann müssen wir als Partei uns fragen, wie wird das ändern können.“

Klar sei, dass diese junge Generation nur zum Teil abhängig von den Älteren ist. „Wir sind aber stark abhängig von dieser Generation. Sie ist nicht nur die Zukunft, sie ist auch die Gegenwart. Und sie hat jetzt schon ein Anrecht darauf, gehört zu werden“, befand Pavlos Wacker. Es gelte, den jungen Leuten in einfacher Sprache und mit neuen Formaten nahe zu bringen, was Politik für ihre persönlichen Lebensumstände bedeutet.

Der Redner verzichtete bewusst auf eine, wie er sagte, „klassische Juso-GroKo-Hasstirade“, störte sich aber an der Rolle der SPD in der Koalition. Die SPD-Minister produzierten  „sozialdemokratische Gesetze wie am Fließband“, die Wähler dankten es ihnen aber nicht.  „Wir werden so ein bisschen wahrgenommen, als seien wir der Betriebsrat der Union. Dabei sind wir immer das soziale Korrektiv.“

Der Juso-Landesvorsitzende sprach auch von dem Gefühl, „dass die Politik nicht mehr in der Lage ist, die Probleme zu lösen“. Der wahrgenommene Abstand zwischen „Ich erkenne ein Problem“ und „Ich löse ein Problem“ scheine irgendwie größer zu werden. Wacker sieht die Ursache dafür in einer rasanten Beschleunigung der weltweiten Verkehrs-, Daten- und Informationsströme, einem verlängerten Gang parlamentarischer Entscheidungsprozesse und demokratischer Entscheidungsketten sowie einer wachsenden Individualisierung der Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die in ihrer Lebensrealität erwartet, von Vereinen, Parteien und Verbänden nur bedient zu werden.

Er wolle davon wegkommen, immer erklären zu müssen, warum etwas nicht funktioniert, betonte Pavlos Wacker. „Wir müssen den Menschen den Glauben an die Gestaltungsmacht von Politik zurückgeben. Unsere Themen liegen auf der Straße. Soziale Gerechtigkeit ist das Mammutthema, Wir haben die Konzepte. Sie liegen in der Schublade. Wir müssen den Menschen nur vermitteln: Das bekommt ihr, wenn ihr euch zu 100 Prozent für die SPD entscheidet.“ Er wünsche sich, dass die Partei wieder mehr zuhört, sich öffnet für Ideen, für Vorschläge, für andere Modelle. „Und ich möchte, dass wir eine Partei werden, die den Anspruch aufgibt, es allen Recht machen zu wollen.“

„Wenn ihr es allen recht machen wollt, müsst ihr Zirkusdirektor werden“, sagte der Juso-Chef, der in Neuershausen zum Thema „Junge Energie und alte Volkspartei – was tut sich bei den Landes-Jusos?“ sprach und die Mutterpartei mit seiner Rede dazu ermunterte, sich in Sachen „Aufbruch“ ein Beispiel am neu aufgestellten Juso-Landesverband zu nehmen: „Wir sind Think Tanks. Bei uns darf man Sachen ausprobieren. Man darf auch mal wilde Thesen in den Raum stellen und mutige Forderungen stellen. Machmal überlegen uns sogar, wie wir alle Strukturen über den Haufen werfen.“

Bernd Michaelis

 

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