„Für unsere Demokratie einstehen!“

Veröffentlicht am 13.01.2020 in Kreisverband
 

Die Zeiten sind aufgeregt und aufgeheizt. Um so mehr müssen wir für unsere Demokratie einstehen. Das war das Motto meiner diesjährigen Rede beim Neujahrsempfang meines Kreisverbandes, der wie immer im Hofgut Himmelreich stattgefunden hat.

Die Rede im Wortlaut:

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde, sehr geehrte Gäste,

es regt mich so auf! Ständig dieses Genörgel! Egal, was gemacht wird, es wird nur gemeckert. Ich persönlich glaube ja, dass das das Geheimrezept von Frau Merkel ist. Sie macht einfach nix. Dann meckert auch keiner. In dem Moment, wo man einen Mindestlohn einführt, meckern alle, dass er zu niedrig ist, und schwups ist man die Partei, die Schuld am zu niedrigen Mindestlohn ist. Es ging uns noch nie so gut wie heute und gleichzeitig hat man das Gefühl, die Menschen waren noch nie so unzufrieden.

Wer dies aktiv schürt und wem dies nützt ist relativ schnell klar. Wenn die Menschen zufrieden sind, sind sie nicht an irgend­welchen Systemwechseln interessiert. Die Neu-Nazis der AfD sind also darauf ange­wiesen, alles schlecht zu reden und perma­nent ein Bild der dräuenden Katastrophe zu malen. Und wenn sie auch sonst nichts auf die Pfanne kriegen, das machen sie professionell.
Man hat den Eindruck, dass gerade in den sozialen Medien Empörung die neue Währung ist. Je mehr man generiert, desto besser. Dadurch verschiebt sich die ganze Diskussion immer mehr auf rein emotio­nale Ebene. Mit Sachargumenten und Fakten, kann ich keine Reichweite erzeugen, weil der Empörungsfaktor fehlt.

Je platter desto besser. Slogans wie: „man braucht keinen Pass um nach Deutschland einzureisen, aber einen Bon um die Bäckerei zu verlassen“ werden tausendfach im Internet geteilt. Leider auch von unseren Leuten. Kann man sich wunderbar drüber empören. Auch wenn es in dieser Einfach­heit natürlich völliger Blödsinn ist und jeglicher Grundlage entbehrt. Aber das ist in Zeiten von alternativen Fakten ja eh wurst.

Wenn die Wahrheit nicht ausreicht, wird eben gelogen. Wenn der in der Silvester­nacht im Leipziger Stadtteil Connewitz von Linken am Ohr verletzte Polizist nun doch nicht so lebensgefährlich darniederliegt, wie es der eigenen Propaganda dienlich wäre, wird halt verbreitet, dass dieser laut seiner Schwester gestorben sei. Verbunden mit dem Aufschrei: Die Presse schweigt dazu! Natürlich tut sie das, der Mann ist putzmunter. Aber die Mischung aus Empörung und Verschwörungstheorie funktioniert super.

Den Gipfel erreichte die von rechts orchestrierte Empörungswelle Ende des Jahres, als ein Kinderchor im WDR ein Liedchen trällerte, bei dem man sich sicherlich streiten kann, ob es lustig oder geschmacklos war, aber wenn das hehre Bild der deutschen Großmutter verun­glimpft wird, kennt die Nazi-Seele kein Pardon! Solange die Oma im Hühnerstall Motorrad fuhr, war die Welt noch in Ordnung, aber eine Umweltsau darf sie auf gar keinen Fall genannt werden. Schließlich hat sie mit eigenen Händen das Land aufgebaut und selbst zeitlebens auf alles verzichtet. Dass es bei dem Lied keineswegs um die Generation unserer Großeltern, sondern um unsere Generation ging, wurde dabei stillschweigend unter den Teppich gekehrt.

Dass in der gleichen Woche der Bericht erschien, nach dem Deutschland letztes Jahr Waffenexporte in Rekordhöhe zu verzeichnen hatte, fand dagegen so gut wie keine Beachtung. Was interessiert den durchschnittlichen Wutbürger schon der Krieg im Jemen, wenn es doch hier um die Ehre seiner Oma geht! Der wahre Skandal an der Geschichte ist, dass der WDR vor dem rechten Terror eingeknickt ist.

Auch die Empörung über angeblich halsabschneiderische GEZ-Gebühren kommt übrigens aus dem rechten Lager. Klar ist eine unabhängige Presse denen ein Dorn im Auge. Ich zahle diese Gebühr sehr gerne. Aber ich erwarte dann auch, dass eben diese Presse sich nicht von Nazis unter Druck setzen lässt!

Und nun möchte ich dieser ganzen Unzufriedenheit mal ein paar Fakten entgegenstellen, die das letzte Jahr aus meiner Sicht zu einem recht erfolgreichen gemacht haben. Wir haben nämlich so einiges erreicht.

Im Bund: Wir haben es geschafft, eine Grundrente einzuführen! Damit löst sich das Problem der Altersarmut nicht auf, aber es ist ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wer 35 Jahre lang gearbeitet hat, muss mehr haben als jemand, der nie gearbeitet hat. Es gibt höhere Löhne für Pflegekräfte, was dringend erforderlich ist. Wir müssen endlich den Menschen, die sich um unsere Alten und Kranken kümmern, mindestens genauso viel zahlen, wie denjenigen, die sich um unsere Autos kümmern. Das traditionelle Frauenberufe immer noch signifikant schlechter bezahlt werden als traditionelle Männerberufe ist ein Unding.

Nach 30 Jahren wird der Soli für 90 % der Berufstätigen komplett abgeschafft. Lediglich diejenigen mit den stärksten Schultern dürfen noch etwas länger die Allgemeinheit unterstützen. Auch da verstehe ich das Gemeckere übrigens nicht. Ich hätte gar nichts dagegen, dazu zu gehören und verdienen würde ich auch so viel. Nur bezahlt krieg ich´s leider nicht.

Wir haben einen Mindestlohn für Azubis durchgesetzt. Wohngeld, Betriebsrente und Kinderfreibetrag steigen. Pflegekosten für Angehörige muss nur noch bezahlen, wer über 100.000 Euro Jahreseinkommen hat. Das ist eine unheimliche Beruhigung für viele Familien. Mit der nächsten Stufe des Bundesteilhabegesetzes werden die Rechte von Behinderten weiter gestärkt. Und vieles, vieles mehr.

Im Land: Im März hatte die grün-schwarze Landesregierung das von der SPD gestar­tete Volksbegehren für gebührenfreie Kitas als rechtlich unzulässig erklärt. Daraufhin sind wir vor den Verfassungsgerichtshof gezogen. Die Landesregierung findet Bürgerbeteiligung nur dann toll, solange sie ihre Positionen untermauert. Sonst lieber dann doch nicht.

Beim Volksbegehren ProBiene hätte ich mir von unserer Fraktion lieber eine klare Positionierung gewünscht. Aber so sind wir. Nicht Entweder oder, sondern Sowohl als auch. Wir wollen Naturschutz und die Möglichkeit, weiter Lebensmittel regional und sicher hier zu produzieren. Den ver­nünftigen Ausgleich suchen, statt Klientel zu bedienen. Das mag weniger griffig oder auch unsexy sein, aber für mich ist es die Art und Weise wie Politik stattfinden muss.

Im Kreistag: Wir wollen in dieser Legislatur­periode viel mehr gestalten, statt der Verwaltung hinterherzulaufen. Dabei ruhig auch mal unbequem sein und den Finger in Wunden legen. Unser Antrag zum Klima­notstand wurde mit breiter Mehrheit angenommen, nur die Blaubraunen waren dagegen. Aber da würde es mich auch eher irritieren, wenn die für etwas sind, das wir wollen.
Mit dem Antrag zum Sozialticket sind wir leider wiedermal gescheitert. Gleichzeitig wurde allerdings ein Jobticket für die Bediensteten des Landratsamtes beschlos­sen. Wenn das gewollt wird, ist das kein Problem. Dann verzichtet man halt auf Printanzeigen für Stellenausschreibungen. Außerdem wollten die Bürgermeister, dass trotz desolater Kreisfinanzen die Kreisum­lage gesenkt wird. Auch das kein Thema, wird halt die Krankheitsreserve aufgelöst. Aber ein Sozialticket? Unmöglich! Viel zu teuer! Kein Geld für da! Es wird nichtmal versucht, nach Umsetzungsmöglichkeiten zu suchen.

Aus dem Grund habe ich zusammen mit etlichen anderen aus der SPD-Fraktion dieses Jahr gegen den Haushaltsplan des Landratsamtes gestimmt. Ich gönne den Bediensteten und den Gemeinden jeden Cent von Herzen. Aber den Zynismus, mit dem den Bedürftigsten im Kreis Mobilität und damit die Teilhabe am Leben verwehrt wird, finde ich unerträglich! Und wir werden da weiter dran bleiben.

Innerhalb unserer Partei haben wir im letzten Jahr in einem bisher nicht dage­wesenen demokratischen Prozess unsere neue Spitze gewählt. Saskia und Norbert mögen nicht jedermanns Traumduo gewesen sein, aber die Mehrheit der Mit­glieder hat sich für sie ausgesprochen, so funktioniert Demokratie. Ich verstehe diejenigen, innerhalb und außerhalb unserer Partei, nicht, die nun wieder unmittelbar den Untergang der Sozial­demokratie heraufbeschwören wollen. Es war zu Recht mal guter Brauch, Leute erst­mal 100 Tage in einem neuen Amt ankom­men zu lassen, erste Schritte machen, Ideen entwickeln, Duftmarken setzen lassen, bevor man anfängt zu kritisieren. Und dann bitte sachlich. Die Schmutzkampagne, die einige Medien direkt nach der Wahl gegen Saskia gestar­tet haben, war völlig daneben, und selbst die Bildzeitung musste jetzt zugeben, dass sie jeglicher Grundlage entbehrte.

Das man in der Politik nicht alles umsetzen kann, was man gerne möchte, wenn man als kleinerer Partner mitregiert oder gar in der Opposition ist, ist klar. Und dafür haben wir, wie ich finde, sehr viel erreicht. Aber wir ruhen uns darauf nicht aus, sondern haben im Dezember auf dem Bundespartei­tag in Berlin Grundsatzentscheidungen getroffen, die unsere zukünftige Richtung vorgeben. Und oh Wunder, die SPD ist sozialdemokratisch!

Wir wollen den  Sozialstaat als Partner der Menschen sehen, er muss für mehr Chancen, mehr Sicherheit und mehr Ge­rechtigkeit stehen. Wir haben die längst überfällige Abkehr von Hartz 4 beschlossen. Damals war es richtig, jetzt ist es überholt und muss nicht geflickschustert sondern ersetzt werden. Dies wollen wir mit einem Bürgergeld erreichen.

In einer sich immer schneller ändernden Arbeitswelt braucht es ein Recht auf Weiterbildung. Ein reiches Land wie Deutschland kann sich keine Kinder- oder Altersarmut leisten. Das sind Gruppen, die es nicht, bzw. nicht mehr selber in der Hand haben, für sie muss der Staat da sein. Hierfür wollen wir die Kindergrund­sicher­ung und neben der Grundrente einen höheren Mindestlohn, der eben auch als Prävention gegen Altersarmut funktioniert. Bessere Bedingungen in der Pflege sind bei einer immer älter werdenden Gesellschaft ein entscheidendes Zukunftsthema, und da starke Schultern mehr tragen können als schwache, wollen wir die Wiedereinführ­ung der Vermögenssteuer.

Die SPD wird gebraucht. Man mag manch­mal mit einzelnen Entscheidungen oder Personen hadern, aber die SPD ist nicht ein Beschluss oder eine Interviewaussage, ein Kompromiss oder ein schief gesungenes Lied, sondern der Glaube, dass eine gerechtere Gesellschaft möglich ist, dass alle die gleichen Chancen haben können, dass der Zustand Weltfrieden anzustreben ist und dass Solidarität ein Miteinander erst erstrebenswert macht.

Ich glaube daran, und ich glaube daran, dass es Menschen braucht, die in ihrem Einflussbereich ihr Möglichstes tun, um das zu erreichen. Gerade in Zeiten, in denen Kommunalpolitiker sich immer mehr Anfeindungen ausgesetzt sehen, in denen demokratisch gewählte Bürgermeister zurücktreten, da sie ihr Leib und Leben bedroht sehen, in denen Naziparolen wieder salonfähig werden und einzelne schon wieder von der Entsorgung von Menschen fabulieren ist es wichtig, dass wir zu unseren Grundwerten und für unsere Demokratie einstehen.

Um dies zu tun und um vielleicht den Einflussbereich noch ein wenig auszubauen, würde ich sehr gerne bei der Landtagswahl 2021 wieder im Wahlkreis Breisgau antreten und möchte euch hiermit meine Kandidatur bekanntgeben. Über eure Unterstützung dabei würde ich mich sehr freuen


Vielen Dank.

Birte Könnecke

 

Homepage Dr. Birte Könnecke